Gymnastizierung leicht gemacht: So wird dein Pferd fit

25. März 2025 | Pferdetraining

Du hast bestimmt auch schon mal davon gehört, dass du dein Pferd gymnastizieren musst. Was bedeutet aber Gymnastizierung? Wofür ist das gut? Und welche Übungen sind dafür besonders gut geeignet? Diese Fragen möchte ich in diesem Beitrag erörtern.

Was bedeutet eigentlich Gymnastizierung?

Der Begriff Gymnastizierung kommt von Gymnastik und bezeichnet die systematische und gezielte Förderung der körperlichen Fitness, Beweglichkeit und Muskulatur des Pferdes durch spezielle Übungen. Das Ziel der Gymnastizierung ist es, das Pferd muskulär zu kräftigen, das Gleichgewicht zu fördern sowie Koordination und Kondition zu steigern. Du solltest immer im Hinterkopf haben, dass unsere Pferde zum einen nicht dafür gebaut sind, uns beim Reiten durch die Gegend zu tragen, und zum anderen eine natürliche Schiefe haben. Aufgrund der natürlichen Schiefe hat dein Pferd immer eine Lieblingsseite und eine Seite, auf der alles etwas schwerer fällt. Als Reiter ist es deine Aufgabe, dein Pferd regelmäßig und gleichmäßig auf beiden Händen zu trainieren – oder in anderen Worten: zu gymnastizieren.

Gymnastizierung durch das Reiten von Übergängen

Übergänge sind eine der wichtigsten Lektionen beim Reiten. Aber bitte korrekt geritten, denn nur dann wird ein Übergang wertvoll für dein Pferd. Wenn du beispielsweise vom Trab zum Schritt durchparieren möchtest, dann macht es wenig Sinn, am Zügel zu ziehen, bis dein Pferd im Schritt ist. So geritten fällt dein Pferd auf die Vorhand, es fehlt der Schub aus der Hinterhand und der Schritt ist in den meisten Fällen weder raumgreifend noch schreitend.

Deine Übergänge werden deutlich besser, wenn du aktiv in die neue Gangart hineinreitest. Nehmen wir wieder das Beispiel mit dem Übergang vom Trab zum Schritt. Bevor du den Übergang reitest, bereitest du dein Pferd mit halben Paraden entsprechend vor. Du setzt deine Gewichts-, Schenkel- und Zügelhilfen ein. Dabei schließt du dein Pferd etwas mehr, und die Hinterhand tritt vermehrt unter. Erst wenn du das gemacht hast, erfolgt der eigentliche Übergang zum Schritt durch eine annehmende Zügelhilfe. Sobald dein Pferd im Schritt ist, wirst du mit der Hand wieder weich, das heißt, es folgt eine nachgebende Zügelhilfe. Reite den ersten Schritt aktiv mit deinen Gewichts- und Schenkelhilfen. Nur so wird der Schritt schreitend und raumgreifend.

Praxistipp:
Dein Pferd ist kein Auto, welches du bremsen kannst, indem du weniger Gas gibst oder es schneller machst, indem du Gas gibst. Stell dir beim Reiten von Übergängen immer vor, dass du in die neue Gangart aktiv hineinreiten möchtest. Für dieses bewusste Reiten von Übergängen sind anfangs Pylonen sehr hilfreich. Markiere dir einige Punkte mit Pylonen und reite hier bewusst die Übergänge.

Reiten von Übergängen innerhalb einer Gangart

Sei mal ehrlich zu dir selbst: Wann bist du das letzte Mal Übergänge innerhalb einer Gangart geritten? Wenn wir über Übergänge zur Gymnastizierung sprechen, dann denken die meisten Reiter ausschließlich an die Übergänge von Gangart zu Gangart. Häufig auch mit der Begründung, dass das eigene Pferd keinen versammelten Trab oder Mittelgalopp kann und somit Übergänge innerhalb einer Gangart nicht in Frage kommen.

Und soll ich dir mal etwas verraten? Du brauchst keinen Dressurkracher, um Übergänge innerhalb einer Gangart zu reiten. Es muss auch kein perfekter versammelter Trab oder Mittelgalopp sein, um dein Pferd zu gymnastizieren. Ein einfaches „mal zulegen an der langen Seite“ ist bereits ein Übergang innerhalb einer Gangart. Oder wenn du dein Pferd in einer Volte etwas mehr aufnimmst und die Hinterhand dabei vermehrt untertritt. Das sind bereits Übergänge innerhalb einer Gangart und das kannst auch du mit deinem Pferd.

Gymnastizierung auf gebogenen Linien

Der Zirkel ist zweifelsohne die am häufigsten gerittene Hufschlagfigur. Gleichzeitig ist ein korrekt gerittener Zirkel aber auch eine sehr anspruchsvolle Hufschlagfigur. Wie du vielleicht aus eigener Erfahrung weißt, ist es gar nicht so einfach, einen wirklich runden Zirkel zu reiten und dein Pferd auf dieser Linie gleichmäßig zu biegen. Was wir viel häufiger sehen, sind halbrunde Eier und Pferde, die auf die innere Schulter fallen.

Praxistipp:
Nimm dir mal die Zeit und mach dir bewusst, wie der Zirkel aussehen muss, wie sich dein Pferd auf dem Zirkel bewegen sollte und mit welchen Hilfen du es unterstützen kannst. Lass in deinem Kopf ein Video von deinem perfekten Zirkel ablaufen und spiele dieses Video immer wieder ab, wenn du einen Zirkel reitest. Hinterfrage dich selbstkritisch, wie dein Zirkel aussah und was du das nächste Mal besser machen kannst.

Jede gebogene Linie trägt zur Gymnastizierung deines Pferdes maßgeblich bei. Du steigerst die Biegsamkeit deines Pferdes, weil die äußere Körperseite gedehnt wird und das wiederum wirkt sich positiv auf die natürliche Schiefe aus. Der innere Hinterhuf muss vermehrt unter den Schwerpunkt treten, wodurch Muskulatur in der Hinterhand aufgebaut wird. Auf einer gebogenen Linie muss dein Pferd sein Gleichgewicht finden, damit es nicht auf die innere Schulter fällt oder mit der Hinterhand ausweicht.

Praxistipp:
Damit dein Pferd sein Gleichgewicht findet, musst auch du als Reiter ausbalanciert im Sattel sitzen. Das bedeutet, dass du unbedingt darauf achten solltest, auf gebogenen Linien nicht in der Hüfte abzuknicken oder dich „in die Kurve“ zu legen. Dein Pferd ist schließlich kein Motorrad.

Effektives Bauchmuskeltraining durch Seitengänge

Wenn wir über Seitengänge reden, dann über die echten Seitengänge. Beim Schenkelweichen bewegt sich dein Pferd zwar vorwärts-seitwärts, ist dabei aber nur gestellt und nicht gebogen. Deswegen ist das Schenkelweichen kein echter Seitengang. Das Schenkelweichen ist allerdings eine essenzielle Voraussetzung, wenn du mit deinem Pferd die echten Seitengänge wie das Schulterherein, Travers oder Renvers erarbeiten willst.

Praxistipp:
Wenn du mit deinem Pferd die Seitengänge erarbeiten möchtest, dann starte am Boden mit dem Schulterherein. Erst wenn dir diese Lektion am Boden gelingt, erarbeitest du dir das Schulterherein zunächst im Schritt vom Sattel aus. Achte darauf, dass du dein Pferd nicht nach innen überstellst oder es mit der äußeren Hinterhand ausweicht.

Bei den Seitengängen bewegt sich dein Pferd ebenfalls vorwärts-seitwärts, ist dabei aber gestellt und gebogen. Der innere Hinterhuf tritt unter den Schwerpunkt, wodurch wieder die Muskelaktivität in der Hinterhand gesteigert wird. Außerdem wird die Bauchmuskulatur angesprochen, die wie bei uns Menschen der Gegenspieler zur Rückenmuskulatur ist. Eine gesunde und gut entwickelte Rückenmuskulatur ist wichtig, um Schäden am Rücken vorzubeugen und schlussendlich auch damit dein Pferd dich gut tragen kann. Das bedeutet, dass Seitengänge eine sehr effektive Möglichkeit sind, um die Bauchmuskulatur immer wieder zu aktivieren und somit auch die Rückenmuskulatur anzusprechen.

An dieser Stelle möchte ich dir auch nochmal sagen: Für Seitengänge brauchst du keinen Dressurkracher. Jedes Pferd kann Seitengänge erlernen.

Links: Traversale (Seitengang), Rechts: Schenkelweichen

Koordinationsübungen zur Gymnastizierung

Koordinativ gesehen haben wir Menschen es einfacher als unsere Pferde. Wir müssen beim Gehen lediglich zwei Beine koordinieren. Dennoch wirst du sicher schon mal in der Situation gewesen sein, dass du „über deine eigenen Füße“ gestolpert bist. Jetzt stell dir einmal vor, du müsstest einen Hindernislauf absolvieren und dabei noch jemanden auf deinem Rücken tragen. Halleluja.

Unser Pferd muss vier Beine koordinieren. Damit es das richtig gut hinbekommt, ist es wichtig, bei der Gymnastizierung verschiedene Koordinationsübungen einfließen zu lassen. Das machen wir oft schon automatisch, denn die meisten Übungen, die die Koordination steigern, sind dir vermutlich nicht unbekannt.

Die Koordination trainierst du auf jeder gebogenen Linie: auf dem Zirkel oder beim Durchreiten einer Ecke. Etwas anspruchsvoller wird es, wenn du Handwechsel mit einfließen lässt. Zum Beispiel beim „aus dem Zirkel wechseln“. Dabei ist dein Pferd zunächst gebogen, über den Mittelpunkt richtest du es gerade und dann forderst du die neue Biegung. Ähnlich verhält es sich bei den „Schlangenlinien durch die ganze Bahn“. Dein Pferd muss sich bei jedem Handwechsel neu koordinieren und ausbalancieren.

Weitere koordinative Übungen sind das Schenkelweichen und die bereits besprochenen echten Seitengänge wie Schulterherein, Travers oder Renvers. Außerdem ist Stangen- und Cavalettiarbeit sehr effektiv.

Stangen- und Cavalettiarbeit für eine verbesserte Koordination

Wie du sicherlich schon mitbekommen hast, bin ich ein sehr großer Freund der Stangenarbeit. Stangenarbeit ist keine Geheimwaffe, kein Allheilmittel und löst nicht alle Probleme, aber sie ist sehr effektiv für viele Belange im Rahmen der Gymnastizierung für dein Pferd. Stangenarbeit fördert unter anderem die Losgelassenheit, schult das Gleichgewicht, aktiviert die Bauchmuskulatur und trainiert die Hinterhand.

Zum Weiterlesen:
So wird deine Stangenarbeit ein voller Erfolg

Im vorangegangenen Teil habe ich über Koordinationsübungen gesprochen. Wenn du im Trab über Stangen reitest, dann muss dein Pferd sehr genau koordinieren, wie hoch es seine Beine hebt und wo es die Hufe hinsetzt, ohne dabei über die Stangen zu fallen. Und das auch noch mit dir auf dem Rücken.

Praxistipp:
Die Abstände für Trabstangen betragen 1,20 – 1,40 m. Das genaue Maß ist immer von der Größe deines Pferdes und vom Raumgriff abhängig. Mit ein bisschen Erfahrung findest du schnell heraus, welche Abstände du für dein Pferd benötigst. Ist dein Pferd noch nicht vertraut mit der Stangenarbeit, dann starte zunächst mit einer Stange vom Boden aus. Nach und nach kannst du die Anzahl der Stangen erhöhen. Für ein effektives Training sind drei bis fünf Trabstangen ideal.

Dehnen zur Entspannung, aber auch zur Belohnung

Den Hals mal lang machen, ist wohl etwas, was viele Pferde nur am Anfang und Ende einer Trainingseinheit dürfen. In der Realität dürfen viele Pferde wahrscheinlich nicht einmal das, weil viele Reiter einfach aufsteigen, direkt die Zügel aufnehmen und am Ende die Zügel auf den Hals fallen lassen. Das hat auf jeden Fall reichlich wenig mit Dehnen zu tun.

Wir erinnern uns kurz: Gymnastizieren kommt von Gymnastik, und dazu gehört auch das Dehnen. Bei Pferden geht es hier um die Dehnung des Hals- und Rückenbereichs. Das geht am besten, wenn du dein Pferd in das sogenannte „Vorwärts-abwärts“ lässt. Dabei schmeißt du nicht die Zügel einfach weg, sondern hältst eine weiche Verbindung und animierst dein Pferd über halbe Paraden, die Nase abzusenken und den Hals lang zu machen.

Diese Dehnungshaltung muss nicht nur zum Ende einer Trainingseinheit erfolgen. Du darfst dein Pferd jederzeit auch zur Belohnung, wenn beispielsweise eine Lektion gut gelungen ist, ins „Vorwärts-abwärts“ entlassen und loben. Es gibt so viele Pferde, die es gar nicht kennen, den Hals lang zu machen. Du darfst mit deinem Pferd da gerne aus der Reihe tanzen und anders, aber besser, sein. Dein Pferd wird es dir danken.

Eine erfolgreiche Gymnastizierung braucht Regelmäßigkeit

Die Gymnastizierung eines Pferdes umfasst eine Vielzahl von Übungen, die alle darauf abzielen, das Pferd muskulär zu fördern, seine Beweglichkeit zu erhöhen und das Gleichgewicht zu verbessern. Um alle positiven Effekte zu erzielen, ist eine regelmäßige Durchführung wichtig. Nur so kann dein Pferd echte Fortschritte machen und sich weiterentwickeln.

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